Dreizehn: Guten Tag, David Halberstadt und Tobias Surburg. Könnten Sie als Erstes die Jugendlichen bzw. die jungen Menschen nach Altersgruppe beschreiben und warum diese jungen Menschen nicht mehr in die Schule gehen, wie es von ihnen erwartet wird?
Tobias Surburg: Wir haben ein Projekt „Anlaufstelle Schulabwesenheit“ hier im Landkreis Saarlouis und sind zuständig für alle Schülerinnen und Schüler der Grund- und Förderschulen und der weiterführenden Schulen sowie der Gymnasien im Landkreis. Unsere Betreuung startet dann, wenn Schülerinnen und Schüler in der Grundschule zum Beispiel fünf unentschuldigte Fehltage haben oder an weiterführenden Schulen zehn. Dann kontaktieren wir die Familien und lernen die Schülerinnen und Schüler persönlich kennen und ihre ganz individuellen Problemlagen, Gründe sowie Hindernisse, die zum Fernbleiben von Schule führen.
David Halberstadt: Die fünf bzw. zehn Fehltage sind Richtwerte. Es gibt natürlich immer Kinder und Jugendliche, die eventuell auch später oder in manchen Fällen auch früher schon bei uns gemeldet werden. Das erfolgt in der Regel über Meldebögen aus der Schule. Aber auch Eltern haben die Möglichkeit, an uns heranzutreten. Der Erstkontakt erfolgt dann per Hausbesuch.
Tobias Surburg: Die Gründe für das Fehlen sind ganz unterschiedlich. Der einfachste Fall ist z. B., dass die Familie nicht genug Geld für eine Busfahrkarte hat. Das sind strukturelle Schwierigkeiten. Aber oftmals sind es psychische Erkrankungen der Kinder und Jugendlichen inklusive Suchtproblematik, psychische Erkrankungen oder Süchte der Eltern, prekäre Situationen in der Schule, beispielsweise Mobbing, Sprachbarrieren, schulischer Leistungsdruck bis hin zu Versagensängsten sowie allgemeinen Ängsten, wie z. B Angst, sich von den Eltern trennen zu müssen.
Dreizehn: Sie sind ab der Grundschule tätig. Gibt es da einen Schwerpunkt bezüglich des Alters?
David Halberstadt: Wir haben das mal versucht zu erheben. Zum Zeitpunkt der Erhebung betraf das vor allem die Klassenstufen 4 bis 7. Das hat sich ein Jahr später noch mal verschoben. Die Gründe für diese Verschiebung kennen wir noch nicht genau. Im Moment haben wir das Gefühl, es geht durch die Bank weg, also Auswirkungen des Homeschoolings und des Entfallens der Präsenzpflicht, dass sich bei vielen Schülerinnen und Schülern Ängste aufgetan haben, die vorher vielleicht unbewusst waren. Das ist von der ersten bis zur zehnten Klasse.
Tobias Surburg: Wir können sagen, dass zwischen 2020 und 2021 mehr als 60 % unserer Schülerinnen und Schüler unter 14 Jahren alt waren. Und jetzt haben wir im letzten Jahr festgestellt, dass wir einen hohen Anteil aus der achten Klasse haben, also 13, 14 Jahre und aufwärts. Ob das damit zusammenhängt, dass sie jetzt aufgrund von Corona an Zukunftsängsten leiden, das können wir nicht bestätigen. Es kann aber auch eine Nebenwirkung unserer Netzwerkarbeit mit einem anderen Projekt aus dem Landkreis sein, dass aus der achten Klasse mehr gemeldet wurden.
Dreizehn: Sozusagen eine positive Nebenwirkung, dass man merkt, da gibt es ein Problem und dann geht man es gleich an?
David Halberstadt: Wir sind ein Übergangsprojekt Schule – Beruf. (Zur Erklärung: Wir (Anlauf) sind ein Projekt der Jugendhilfe, das „andere“ Projekt – namens BEK – arbeitet an der Schnittstelle Schule – Beruf.)
Da wird ab der achten Klasse besonders darauf geschaut und dann fällt einfach durch die regelmäßigen Gespräche in dem anderen Projekt schneller auf, wenn Schülerinnen und Schüler fehlen, als es vielleicht in den Klassen darunter der Fall wäre.
Dreizehn: Gibt es einen Leitfaden, in dem klar definiert ist, wann es eine Meldung seitens der Schule gibt?
David Halberstadt: Es gibt eine Handlungsempfehlung zum Vorgehen bei Schulabwesenheit des Landkreises, die mit uns gemeinsam entwickelt wurde, als Handreichung für die Schulen mit einem Ablaufplan für alle Beteiligten im System.
Dreizehn: Sie hatten ja vorhin schon gesagt, dass Sie Hausbesuche machen, wenn Sie eine Meldung bekommen. Wie gelingt es Ihnen, über den Erstkontakt hinaus eine Beziehung zu den jungen Menschen aufzubauen?
Tobias Surburg: Der typische Ablauf ist der, dass wir nach einer Meldung sofort versuchen, telefonischen Kontakt mit den Erziehungsberechtigten herzustellen, um einen Termin für einen Hausbesuch zu vereinbaren. Wenn das nicht gelingt, dann fahren wir unangekündigt zu den Familien. Wir haben uns selber die Vorgabe gesetzt, dass wir binnen einer Woche einen Kontakt herstellen.
Wenn wir den Kontakt haben, dann stellen wir uns den Familien als Externe vor, d. h. nicht als Teil der Schule. Wir beschreiben unser Projekt, unsere Tätigkeit, unsere Funktion als helfende Hand, wie ich es immer sage, und bieten bei Konflikten mit der Schule an, eine Vermittlerrolle einzunehmen. Es gibt auch die Fälle, wo die Eltern das erste Mal davon erfahren, dass ihr Kind in der Schule fehlt.
Im weiteren Ablauf, ohne ins Detail zu gehen, erhalten die Lehrkräfte eine Rückmeldung über den gemachten Hausbesuch und gemeinsam wird das weitere Vorgehen besprochen. Ob zum Beispiel noch ein weiteres Treffen in der Schule notwendig ist. Ob man jetzt erst mal gemeinsam darauf achtet, ob sich das Verhalten abstellt oder die Gründe beheben lassen. Das Kind und die Familie werden im Auge behalten, ob die angewandten Mittel Erfolg haben. Dieser begleitende Prozess inklusive Beratungen kann mehrere Monate oder auch ein Jahr dauern, je nach den Gründen. In dieser Zeit bleiben wir die Ansprechpartner sowohl für die Lehrkraft als auch für die Erziehungsberechtigten.
David Halberstadt: Wie sich der persönliche Kontakt zu einer Schülerin oder einem Schüler gestaltet, ist ganz unterschiedlich, je nach Problemlage. Es gibt z. B. die Schülerinnen und Schüler, die sich in Schränken einschließen oder die sich im Zimmer verbarrikadieren. Dann gibt es diejenigen, die sehr offen im Umgang mit uns sind. Der Aufbau einer Beziehungsebene klappt manchmal über Spaziergänge, über gemeinsames Teetrinken, über gemeinsame Autofahrten, einfach um einen geschützten Rahmen zu haben. Wir kommunizieren auch viel über WhatsApp mit den Schülerinnen und Schülern, weil das eine niedrigere Schwelle für sie darstellt.
Es gibt aber leider auch die Fälle, bei denen man nicht weiterkommt. Was wir dann ganz oft haben, ist dieses „Verwahren“ bis zur Aufnahme in Therapieangebote. In dieser Zeit bleiben wir Ansprechpartner für alle Beteiligten. Für Schule, um verlässlich zu bleiben im Handeln, für die Eltern, die sich mit ihren Sorgen an uns wenden können, für den Schüler bzw. die Schülerin, um ihm bzw. ihr zu zeigen, hier ist immer jemand, der nach dir schaut, und du wirst vermisst.
Dreizehn: Wenn ich das richtig sehe, machen Sie vorrangig Beratung und Case Management, haben aber keine eigenen Lernangebote?
Tobias Surburg: Nein, wir wünschen uns das und sehen da auch einen Bedarf. Während Corona haben wir hier ein Tagesstrukturangebot geschaffen für den einen oder anderen und auch versucht, mehrere Jugendliche gleichzeitig hier zu haben, damit sie auch sehen, dass sie nicht alleine sind mit ihren Problemen. Aber dazu haben wir aktuell aufgrund der hohen Fallzahlen gar keine Zeit. Wir sind zu viel unterwegs und auf Hausbesuchen und in Gesprächen oder in Begleitungen, dass wir das nicht mehr leisten können.
Dreizehn: Mit wem kooperieren sie und wer sind in der Schule die Ansprechpartner?
David Halberstadt: Meine engsten Ansprechpartner sind in jedem Fall die Schulsozialarbeitenden an den Schulen, die die Fälle als Erstes bearbeiten und an uns verweisen. Was ich im laufenden Schuljahr als ganz konkrete Kooperation eingeführt haben, ist ein Jour fixe an den von mir betreuten Schulen, um jede Woche abzuklopfen, wie es mit dem Schulbesuch läuft. Gibt es was Neues? Gibt es bei jemandem, den ich noch nicht kenne, Auffälligkeiten? Wie läuft es bei denjenigen, mit denen wir eine Abmachung getroffen haben? Ich bin mit einer Außenstelle räumlich sehr nah an diesen Schulen. Die kurzen Wege machen diesen Jour Fixe daher überhaupt erst möglich.
Dreizehn: Das ist interessant, dass Sie die Schulsozialarbeiterinnen und Schulsozialarbeiter als Ansprechpartner haben. Die Klassenlehrer spielen keine Rolle?
Tobias Surburg: Doch, also in der in der faktischen Arbeit, wenn bestimmte Abmachungen getroffen wurden, braucht man auf jeden Fall deren Rückmeldung. Ob ein Schüler oder eine Schülerin den Weg in die Schule gefunden hat, um bei Bedarf sofort reagieren zu können. Zu unserem Netzwerk, in dem wir arbeiten – wir sind einem Aktionsprogramm zugeordnet –, gehören vor allen Dingen die Schulsozialarbeitenden als Kommunikationsschnittstelle in der Schule. Daher kennen wir uns auch alle, also die meisten, sehen uns auf Sommerfesten, auf Weihnachtsessen und Fortbildungen.
Dreizehn: Was sind die Erfolge Ihrer Arbeit und worauf führen Sie diese zurück?
David Halberstadt: Wir haben ganz klar die Kennzahlen, mit denen Erfolg gemessen wird. Dazu gehören beispielsweise eine gelungene Kontaktaufnahme, eine gelungene Beziehungsarbeit. Es kann im Idealfall die Rückführung in die Schule sein und der konsequente Schulbesuch. Wobei das dann wirklich schon Champions League ist. Das Problembewusstsein schaffen, am Problem arbeiten und dann vielleicht auch später in entsprechende Hilfen überzuleiten. Das ist ein großes Erfolgskriterium.
Tobias Surburg: Je nach Fall kann zum Beispiel auch der Schulwechsel ein Erfolg sein, wenn eine Schülerin oder ein Schüler unter Mobbing leidet oder weil Problematiken mit den Lehrkräften vorliegen, auch seitens der Eltern. Dann kann ein Schulwechsel Wunder wirken, denn dann haben wir auch wieder die Reintegration. Wie David Halberstadt schon sagte, ist das Schaffen des Problembewusstseins überhaupt an Schulen als Erfolg zu werten. Dabei geht es auch immer darum, neue Lehrkräfte zu informieren, dass es das gibt, weil die in ihrem Schulsystem das manchmal noch gar nicht gehört haben. Dann stellen wir uns und unser Projekt an den Schulen noch mal vor.
Dreizehn: Vielleicht können Sie an dieser Stelle das Projekt mit dem Netzwerk kurz skizzieren?
Tobias Surburg: Das Kreisjugendamt Saarlouis hat ein Aktionsprogramm, das heißt „Jugendhilfe – Schule – Beruf“. Da gibt es verschiedene Module. Und eins dieser Module heißt „Anlaufstelle Schulabwesenheit“, in dem wir arbeiten. Zu den Modulen gehören neben den Behörden, also das Jugendamt selbst mit dem ASD, oder der Schulpsychologische Dienst auch die Mitarbeitenden der Schulsozialarbeit an Grund- und Förderschulen sowie an weiterführenden Schulen und Gymnasien.
David Halberstadt: Dann gibt es das Projekt in den achten Klassen für den Übergang Schule – Beruf in diesem Netzwerk, das den Austausch forciert.
Tobias Surburg: Die beruflichen Entwicklungskonferenzen (BEK) sind das, die beginnen ab der achten Klasse und sprechen jede Schülerin und jeden Schüler durch mit den Lehrkräften und darüber, wo der mittlere Abschluss beruflich enden soll. Da treffen sich Lehrkräfte, der BEK-Koordinator, die Arbeitsagentur und das Jobcenter und sprechen über die Schülerinnen und Schüler. Die Kollegen sprechen regelmäßig auch mit den Schülerinnen und Schülern.
Dreizehn: Ein spannendes Konzept. Ich würde Sie gerne noch fragen, welche besonderen Herausforderungen Sie in Ihrer Arbeit sehen und wie Sie mit diesen umgehen.
David Halberstadt: Im Moment ist für uns eine große Herausforderung, uns nicht auszubrennen, sich selbst zu sortieren. Wo ist meine Hilfe gewünscht und wo wird sie akzeptiert und wo bin ich vielleicht nur Ansprechpartner, wenn der Bedarf bei der Schülerin bzw. dem Schüler da ist. Man kann vielleicht an dieser Stelle auch nicht jedem die Hilfe sein, die man sich anfangs vornimmt zu sein.
Tobias Surburg: Ja, das Jonglieren mit den Kapazitäten, denn der Tag hat eben nur acht Stunden und dann geht es einfach nicht, dass man das immer leisten kann, was sich andere wünschen. Daneben ist oft zeitnahes Handeln gefragt, wenn wir Meldungen bekommen von Schülerinnen und Schülern, die schon sehr lange fehlen. Denn es ist schwer, ein bestehendes Verhalten noch mal irgendwie umzuändern, wenn sich schon alle damit im häuslichen Rahmen abgefunden haben. Damit einher geht die Herausforderung, Klinikplätze oder geeignete Hilfen zu bekommen.
David Halberstadt: Andere Herausforderungen sind die Phobien und Ängste, Sozialphobien in Schule. Diese Fälle sind nicht nur mehr geworden, sondern in ihrer Qualität viel anspruchsvoller, als sie es vor drei Jahren waren.
Dreizehn: Dann sehe ich aber in dem, wie sie beschreiben, im Prinzip auch schon, was Sie brauchen würden: mehr Leute und mehr Kapazitäten?
David Halberstadt: Mehr Personal hilft sicherlich, weil wir dann noch mehr Schüler*innen unterstützen können. Gleichzeitig glaube ich, dass mehr Personal nicht unmittelbar eine höhere Qualität der Arbeit zur Folge hat. Die Abwägung, welche Fälle unsere Hilfe tatsächlich annehmen werden und wollen, müssen wir immer treffen, egal wie viele Mitarbeiter im Projekt tätig sind. Meine Auffassung ist also die: Mehr Personal würde dazu führen, dass wir MEHR Schüler*innen helfen können, nicht jedoch dem einzelnen besser.
Tobias Surburg: Vor kurzem haben wir eine neue Kollegin bekommen, die eine halbe Stelle hat. Vielleicht könnten wir mehr Begleitungen anbieten, wenn wir mehr Leute wären. Aber wir könnten auf jeden Fall nichts daran ändern, dass es zu wenig Tagesklinikplätze gibt oder wie ein Lehrer die Schülerschaft in eine Klasse einbindet. Also ob er glaubwürdig sagen kann: „Du fehlst mir“, wenn ein Schüler fehlt. Manchmal hilft es tatsächlich, dass wir auftauchen, wenn der Lehrer uns frühzeitig informiert, und die Schülerinnen und Schüler sagen dann: „Okay, ich gehe wieder“, und dann klappt das auch. Leider ist es bei mir bisher nur einmal vorgekommen, dass ein Lehrer beim Schüler geklingelt und gefragt hat: „Wo bist du? Ich möchte, dass du wieder zur Schule kommst.“
David Halberstadt: Was man wirklich gut gebrauchen könnte, wären werktags tagesstrukturierende Angebote von uns, um Ersatz für Schule anbieten zu können und einen Rahmen für einen geschützten Anlauf, um stückweise wieder in den Schulbetrieb einsteigen zu können. Da es für die Jugendlichen oft unüberwindbar scheint, von jetzt auf gleich die Schule wieder zu besuchen. Wir haben bei Einzelfällen gute Erfahrungen gemacht. Aber im Moment wird es immer mehr und wir können uns das nicht leisten, weil es auch immer bedeutet, dass jemand präsent sein muss. Umgekehrt können wir nicht raus, wenn eine Meldung kommt, weil wir gerade einen Jugendlichen da haben. Hier würde mehr Personal in jedem Fall helfen.
Dreizehn: Im ganzen Landkreis Saarlouis gibt es kein alternatives Schulangebot?
Tobias Surburg: Es gibt ein Rehaprojekt, das der schulpsychologische Dienst gemeinsam mit einer Förderschule und einem sozialen Träger aufgebaut hat. Da ist die Zahl der Schülerinnen und Schüler sehr begrenzt. Für 5 bis 7 Schüler*innen pro Jahr, wenn nicht sogar weniger wird das gemeinsam mit der Förderschule der Anne-Frank-Schule ausgerichtet. Da haben bestimmte Schülerinnen und Schüler, die auch bei uns gemeldet wurden, dann die Möglichkeit, nach Kontakt mit dem Schulpsychologischen Dienst und nach Testung eingegliedert zu werden. Das ist dann eine sehr spezielle Klasse mit geringen Anforderungen und mit einem guten Betreuungsschlüssel.
David Halberstadt: Die Zuweisung erfolgte durch niedergelassene Therapeuten und vor allen Dingen von den Schulpsychologen.
Dreizehn: Das heißt, in dieses Projekt kommen die Kids nur mit einer Diagnose? Das ist dann alles andere als niedrigschwellig.
David Halberstadt: Ja, genau. Manche Schulen übernehmen unsere Vorschläge und Einschätzungen. Eine Schule z. B. bietet die Möglichkeit, dass Schülerinnen und Schüler dort in einem geschützten Rahmen für sich alleine zu einem abweichenden Unterrichtsbeginn kommen können. Das heißt, wenn die Schule um 7:30 Uhr beginnt, kann der Schüler um 8:00 Uhr kommen, wenn der Massenbetrieb vorbei ist. Wenn kein Pausenbetrieb ist, kann er alleine im Klassenraum sitzen und für sich arbeiten, um langsam wieder an Schule herangeführt zu werden.
Dreizehn: Aber das wird dann nicht von Ihrer Arbeit begleitet, sondern wird von der Schule angeboten?
David Halberstadt: Das geschieht in Absprache mit mir. Die Schülerinnen und Schüler können nicht einfach dort hingehen, sondern es läuft über mich. Sie werden mir gemeldet. Wenn wir dann im Kontakt feststellen, es könnte helfen, den Einstieg leichter zu machen, dann stellt die Schule diese Möglichkeit zur Verfügung.
Dreizehn: Das heißt, Sie entwickeln dann in ihrer Beratungsarbeit und im Krisenmanagement teilweise auch kreative Hilfsangebote in den jeweiligen Schulen, um zu schauen, wie es weitergehen kann?
Tobias Surburg: Genau das kann zum Beispiel auch sein, dass wir mit den Schulen erarbeiten, wie so eine Reintegration aussehen kann. Gerade bei Ängsten führen wir die Schülerinnen und Schüler ganz langsam wieder an die Schule heran, im wahrsten Sinne des Wortes: Die Schülerin bzw. der Schüler wird langsam wieder ans Schulgebäude gewöhnt, jeden Tag einen Meter mehr, dann wird er wieder heimgebracht. Das kann Wochen dauern, aber wir haben die Zeit dafür. Wenn es klappt, werden nach einiger Zeit die Eltern oder sogar die Großeltern gefragt, die Schülerin bzw. den Schüler zu begleiten, um den Schulbesuch wieder zu schaffen.
Dreizehn: Im Sinne der Anwaltschaft für die jungen Menschen, dass sie wieder verstanden werden. Andersherum ist vielleicht auch mal die ein oder andere Übersetzungsleistung notwendig, aber das steht nicht im Vordergrund?
David Halberstadt: Das ist eher für die Schülerinnen und Schüler gedacht. Immer transparent. Dass sie wissen, welche Anforderungen Schule an sie stellt und dass die Anforderungen auch nicht verhandelbar sind, aber der Weg dorthin, die Anforderung wieder erfüllen zu können – da ist sehr vieles verhandelbar.
Tobias Surburg: Ja, wir können strukturelle Schwierigkeiten oder andere Hemmnisse abbauen helfen im Zusammenspiel von Klassengemeinschaft, Schule und Eltern.
Dreizehn: Vielen Dank für das Gespräch.