Soziale Benachteiligungen oder individuelle Beeinträchtigungen junger Menschen stehen oft in einem wechselseitigen Zusammenhang mit gesundheitlichen und psychosozialen Belastungen. Die erhöhte psychosomatische Beschwerdelast bei Kindern und Jugendlichen in sozial belasteten Lebenswelten und Armutslagen kann zu schulisch und beruflich beeinträchtigenden, psychischen Behinderungen, Lernbehinderungen und sozialer Exklusion führen. Die Corona-Pandemie hat den Zusammenhang von sozialer und gesundheitlicher Ungleichheit noch einmal deutlicher gemacht: Von Armut oder sozialer Ausgrenzung bedrohte Jugendliche sind nicht nur einem größeren Infektionsrisiko ausgesetzt – auch in Bezug auf die psychischen Folgen der Corona-Krise sind sie nachweislich einem größeren Risiko in Bezug auf depressive Angst- und Stressreaktionen ausgesetzt.
Infolge der hohen psychosozialen Belastungen sind junge Menschen in erhöhtem Maße im Rahmen der Jugendsozialarbeit – insbesondere an Schule und im Übergang Schule/Beruf – auf eine gezielt gesundheitsfördernde Unterstützung angewiesen. Um soziale Benachteiligungen und individuelle Beeinträchtigungen bei der schulischen und beruflichen Ausbildung, Eingliederung in die Arbeitswelt und sozialen Integration auszugleichen und zu überwinden, muss Jugendsozialarbeit vor diesem Hintergrund verstärkt auch das sog. subjektive Wohlbefinden (das Erleben des individuellen körperlichen, seelischen und sozialen Wohlbefindens) ihrer Klientel im Blick haben und das Thema Gesundheitsförderung als fachlichen Standard in der Jugendsozialarbeit explizit machen.
Für die Jugendsozialarbeit hat das fachlich zur Folge, sich professions- und sektorübergreifend für ein verstärktes Zusammenspiel und Zusammendenken der Systeme: Gesundheit – Soziale Arbeit und Bildung zu öffnen, sich mit den bereits bestehenden Ansätzen, Anbietern und Akteuren der Gesundheitsförderung zu vernetzen und ggf. auch die gemeinsame politische Lobbyarbeit zu intensivieren, um gemeinsame Hilfen/Angebote bundeseinheitlich zu stärken und sicherzustellen. Ebenso sollte sie bei der Konzeption schul- und arbeitsweltbezogener sowie sozialräumlich orientierter Ansätze und Angebote immer auch sozialpsychologisch relevante, „lebenswerte“ Alltagsaspekte junger Menschen, bzw. deren subjektives Wohlbefinden fokussieren. Dabei darf es nicht nur um die Entwicklung vertrauensbildender Maßnahmen, Angebote zur Resilienzförderung oder den Aufbau psychosozialer Unterstützungssysteme gehen, sondern v.a. auch um die aktive Beteiligung junger Menschen an der Ausgestaltung der für sie avisierten Angebote. Denn Partizipation ist ein wesentlicher Bestandteil psychosozialer Gesundheitsförderung: Teilhabe fördert Selbstwirksamkeit, stärkt das Erleben von Wohlbefinden und Glück sowie die Entwicklung von Resilienz, die wiederum dazu befähigt, an Herausforderungen zu wachsen, statt daran zu zerbrechen. Diese Faktoren zusammengenommen stellen eine wichtige kognitive und emotionale Grundlage für den Bildungserfolg und die soziale Teilhabe junger Menschen und einen wichtigen Baustein für gesellschaftliche Chancengerechtigkeit dar.